United World Project - Be the bridge

Jugendliche im Heiligen Land

Von: PRISCILIA CHACON

 



Sei du die Brücke 

Auf Einladung von Jugendlichen der Fokolar-Bewegung begaben sich 120 Junge vom 24.4 - 2.5. aus 25 Ländern ins Heilige Land. Eine aussergewöhnliche Erfahrung war der Besuch der heiligen Stätten sowie die Begegnungen mit palästinensischen Gemeinden und die Erfahrung der Geschwisterlichkeit.

Flughafen Tel Aviv 22 Uhr: Fünf junge Slowenen, sechs Ungaren, ein Bosnier und eine Schweizerin begegnen sich zum ersten Mal. Der sympathische Buschauffeur, der sie während der ganzen Zeit begleiten wird, fährt sie zur Unterkunft nach Bethlehem, wo sie durch einige Jugendliche für eine geeinte Welt herzlich empfangen werden. Die Jugendlichen aus Europa, Amerika, Afrika und Asien, haben lange Reisen auf sich genommen, um das Heilige Land zu entdecken und Brücken zu den Einheimischen zu schlagen. Alle gehen schlafen, ohne zu ahnen, welch starke Erfahrungen auf sie warten.

Auf den Spuren Jesu

Der nächste Tag beginnt mit einem Besuch im Ölgarten. «Der Ort, wo Jesus all unsere Fragen formuliert hat“, erklärt uns der Führer, welcher uns zur Meditation über die persönlichen Fragen unseres Lebens einlädt. Das Beschreiten der «Via Dolorosa» ist eine Einladung, all unsere persönlichen Sorgen hinter uns zu lassen und uns der Wirklichkeit dieses Landes zu öffnen. Täglich entdecken die Teilnehmenden Zeichen des christlichen Glaubens: beim Besuch des Hauses von Maria in Nazareth, der Geburtskirche in Bethlehem, der Grabeskirche in Jerusalem. Obwohl zurzeit Jesu die Gebäude und die aktuellen Inschriften noch nicht existierten, laden die Pilgerorte zu Respekt vor dem Heiligen und zur Andacht ein.

Die schönste Erfahrung für viele wird der vierstündige Marsch durch die Wüste bei Jericho sein. Die Messfeier im Freien mit Sicht auf die felsigen Dünen bereitet die Seelen und die Herzen auf den Weg durch die Wüstenlandschaft vor. Die Beduinen mit ihrer Herden und die wilde Natur erwecken den Eindruck, Zeit und Geschichte seien stehen geblieben. Dank einiger schattenspendende Palmen, einem erfrischenden Flüsschen und der gegenseitigen Hilfe gelangen die Teilnehmenden bei drückender Hitze ans Ende der Rundreise. Zum Abschluss des Wüstentages erwartet sie ein Bad im Toten Meer.

Zu Besuch bei den Einheimischen

Zum Programm gehören auch Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung. Schon am zweiten Abend erwartet uns die christliche Bürgermeisterin im «Bethlehem Peace Center» - wohlgemerkt Bethlehem ist mehrheitlich muslimisch -, wo ein lebendiger Dialog geführt wird. Voller Energie und Überzeugung ermutigt die Bürgermeisterin die Jugendlichen, ihr Engagement für den Frieden weiterzuführen und ohne Angst ihre Überzeugung zu verbreiten, um die Welt zu verändern. Anschliessend sind die Teilnehmenden, aufgeteilt in kleine Gruppen, bei palästinensischen Familien zu Gast. Es ist eine gute Gelegenheit, über die kulturellen Praktiken und die Situation des Landes auszutauschen und die Realität des Alltags und die Leiden der Bevölkerung durch politisch-religiöse motivierte Konflikte besser zu verstehen.

Am nächsten Tag folgen eine Begegnung mit arabischen Studenten der Universität Bethlehem und ein Vortrag eines katholischen Professors zum Thema „Die Menschlichkeit des Anderen“ mit Ergänzungen eines muslimischen Kollegen. Vorgeschlagen wird das Studium beider Religionen. Bei einem interreligiösen Symposium wird dieses Thema einige Tage später in der orthodoxen Synagoge von Jerusalem wieder aufgegriffen. Die Interventionen von zwei Rabbinern wie auch die Erfahrungen drei Jugendlicher - Jude, Muslim und Christ - zeigen den Wunsch nach einem tiefen Dialog, um den Frieden anzubahnen. Lara eine junge christliche Studentin in Politikwissenschaft erklärt: „In einem von Konflikten geprägten Klima begegnen wir uns, teilen den Schmerz und das Unvermögen und beten. Dies scheint ein Traum zu sein, aber es ist Realität“.  

Ein anderes Projekt in dieser Richtung sind die Inszenierungen der beiden Bands Gen Rosso und Gen Verde. Während einer Woche fanden in Haifa, Nazareth und Reneh (nahe Nazareth) Tanzworkshops statt, an welchen junge Araber und Juden teilgenommen haben. Die Choreographien wurden anlässlich dreier Konzerte aufgeführt. Ein junger Araber aus Haifa erzählt am Ende des Projektes: „Ich war zu Beginn sehr besorgt, denn ein falsches Wort oder ein falscher Satz hätte die Situation zum Eskalieren bringen können. Aber wir haben beschlossen, uns ins kalte Wasser zu werfen. Ich habe gemerkt, dass es nicht wichtig ist, ob man Araber oder Jude ist. Es ist möglich, die gegenseitige Liebe mit allen Jugendlichen zu leben, welcher Religion sie auch angehören“.

Erster Mai in Jerusalem

Der Höhepunkt dieser Woche ist der erste Mai in Jerusalem. Um 15 Uhr finden sich hunderte von Menschen bei einem Eingangstor zur Altstadt ein, um einen Flashmob zu starten. Dutzende von Touristen verfolgen die dynamische Choreographie, welche mit der Enthüllung eines riesigen Transparents mit der Inschrift „Sei Du die Brücke“ schliesst. Die Jugendlichen ziehen in einer Schlange durch die Stadt bis zum Ort, wo Jesus vor seiner Hinrichtung für die Einheit gebeten hatte. Im Freien findet ein 1 ½ -stündiges Programm statt mit Internetübertragung in die ganze Welt. Es kommt zu Telefonschaltungen mit Jugendlichen in Italien, Ungarn und Indien, die über ihr Engagement für eine geeinte Welt berichten. Von Jerusalem aus kann man der Übergabe an die Unesco in Budapest von 700 Blättern mit Aktionen der Geschwisterlichkeit beiwohnen, die im Rahmen des United World Projekt aufgezeichnet wurden. „Diese Dokumente zeigen nicht nur, was bereits für eine geeinte Welt getan wurde, sie sind auch ein Zeichen für all das, was noch geschehen wird“, erklärt der Präsident der Unesco-Kommission Ungarns. Auf der grossen Leinwand wird eine aufgezeichnete Video-Botschaft der Zuständigen für Menschenrechte an der UNO in Genf gezeigt. Sie sagt: „Ich sehe Ähnlichkeiten zwischen dem, was ihr tut und dem, was wir tun“. Eine Jugendliche aus Mumbai erzählt, wie sie ihrem Vater, der ihre Mutter und sie bei ihrer Geburt verlassen hatte, verzeihen konnte. Ein unrealistisches Projekt? Laura aus Frankreich meint: „Von einem rein menschlichen Gesichtspunkt aus scheint mir das utopisch. Aber der Mensch braucht Ideal zum Leben, die ihm zum Handeln drängen“.

Abschied und Aufbruch zugleich

Der Abschied nach dieser Woche fällt schwer, nach diesen frisch geknüpften Beziehungen, den einprägsamen Begegnungen, dem ehrlichen Austausch, dem gemeinsamen Lachen und Singen. Doch die gebauten Brücken zwischen den palästinensischen Jugendlichen und der internationalen Delegation geben neue Kraft zum Vorwärtsgehen und das gemeinsame Ziel trotz der geographischen Distanz nicht aus den Augen zu verlieren. „Menschen aus so verschiedenen Gegenden kennen zu lernen, war eine starke Erfahrung, die mein Denken verändert hat. Diese Begegnungen sollten sich wiederholen. Ich hoffe, wir haben ihnen ein gutes Bild der Palästinenser gezeigt“ sagt Baha, eine palästinensische Jugendliche. Mihela kehrt glücklich nach Slowenien zurück: „Während dieser Tage habe ich erfahren, dass es sich lohnt zu lieben. Das will ich auch zu Hause tun!“